Schleusendämpfer

Schleusen werden dafür genutzt, die Höhenunterschiede an Fallstufen von Schifffahrtswegen zu überwinden, um diese erst schiffbar zu machen. Damit das sicher funktioniert, kommen auch ausgesprochen große Dämpfer zum Einsatz.

Autor: Robert Timmerberg, Agentur Plus2 - (Vielen herzlichen Dank für den tollen Artikel und die Genehmigung ihn hier auf www.SchiffundTechnik.com verwenden zu dürfen von mir an dieser Stelle)

Schleusendämpfer

Schleusendämpfer

Länge 2649 mm, ein Außendurchmesser von 200 mm und ein Eigengewicht von 320 kg. Bei diesen Ausmaßen denkt man an vieles, wahrscheinlich aber nicht an Industrie-Stoßdämpfer. In den Niederlanden sind zuletzt gleich zehn dieser monströs anmutenden, so genannten schweren Sicherheits-Stoßdämpfer geliefert und vier davon bereits in Schleusen verbaut worden. Sie machen eine Schifffahrt auf der Maas erst möglich.

Schleusendämpfer

Schleusendämpfer

Die zu befüllenden Schleusenkammern, in denen die Schiffe auf das bestehende Niveau vor oder hinter der Kammer gebracht werden, müssen so konstruiert sein, dass ein kontrolliertes Befüllen und Entleeren möglich ist, ansonsten käme es zu wasserfallartigen Ergüssen. Je größer der Höhenunterschied der beiden Wasserwegabschnitte, desto extremer die daraus resultierenden Auswirkungen.

In Maasbracht in den Niederlanden liegt der durch einen Schleusenkomplex zu überwindende Höhenunterschied bei zwölf Metern – würde hier ein unkontrolliertes Befüllen stattfinden, wäre die Mindestfahrttiefe von drei Metern der Maas im oberen Flussabschnitt nicht mehr zu gewährleisten.

Die Schiffe sanft aufhalten

Genau hier liegt das ingenieurstechnische Problem, das projektierende Unternehmen von Schleusen wie in diesem Fall das niederländische Unternehmen Mourik Limburg für seinen Auftraggeber, die Rijkswaterstraat, zu lösen hat. Denn beim Navigieren eines Schiffes ist es prinzipiell denkbar, dass es wie beim Einparken eines Automobils in engen Parklücken zum Kontakt – in diesem Fall zwischen Tür und Schiff – kommt.

Schleusendämpfer

Schleusendämpfer

Bei beladenen und dadurch bis zu vier Millionen Kilogramm schweren Schiffen gibt es wohl kein Schloss oder Scharnier, das in der Lage wäre, die bei einer Anfahrgeschwindigkeit von maximal 0,5 m/s resultierenden Kräfte aufzuhalten. Und gäbe es dieses doch, müsste die Türwand so dick sein, dass ein Öffnen mit einem solchen Energieaufwand verbunden wäre, dass die gesamte Konstruktion unwirtschaftlich wäre.

Denkbar wäre es hingegen, die Dimension der Schleusenkammern derart zu wählen, dass ein Anfahren, einer sehr großen Parklücke entsprechend, nahezu unmöglich wäre. Das Anfahren wollten die Projektleiter von Mourik Limburg BV jedoch über einen Anstoßbalken ausdrücklich ermöglichen, weil dies auch prinzipiell Vorteile mit sich bringt.

Schleusendämpfer

Schleusendämpfer

Denn bei den großen Höhenunterschieden vor und hinter der Schleuse ist es bei flussabwärts geöffneten Schleusentüren, also niedrigem Wasser, möglich, einfach unter diesen herzufahren.

Um den erwähnten Anstoßbalken absichern zu können und damit ein Öffnen der Türen sowie ein Leerlaufen des Flusses auszuschließen, suchte Mourik Limburg BV ein Unternehmen, deren Dämpfer in der Lage sind, die zu erwartenden auftretenden Kräfte aufzunehmen. Deshalb wandte man sich an ACE Stoßdämpfer.

Maßgeschneiderter Stoßbalkendämpfer

Bei der Auslegung der zu konstruierenden Dämpfer musste neben den bereits erwähnten Eckdaten auch ein auftretender Wasserschlag berücksichtigt werden, eine physikalische Erscheinung, bei der durch Wasser ein starker mechanischer Stoß verursacht wird. Da die Schleusenbauer in solch speziellen Konstellationen den Wasserschlag genau prognostizieren können, wurde die zu erwartende Gesamtenergie in enger Kooperation der beiden Partner ermittelt.

Das Ergebnis ist ein Wert von 500.000 Nm, der Dämpfer kaum vorstellbaren Ausmaßes erfordert. Basierend auf ihren bestehenden Sicherheits-Stoßdämpfern hat ACE einen Sicherheitsdämpfer mit optimierter Kennlinie, einem Festanschlag und einem Hub von 800 mm entwickelt. Funktionsprinzip: Die Kolbenstange wird beim Abbremsvorgang eingeschoben und das sich vor dem Kolben befindende Hydrauliköl gleichzeitig durch alle Drosselöffnungen verdrängt.

Durch die proportional zum verfahrenen Hub abnehmende Anzahl der wirksamen Drosselbohrungen verringert sich nicht nur die Einfahrgeschwindigkeit konstant, es bleibt auch der vor dem Kolben entstehende Staudruck und die Gegenkraft gleich. Während der Abbremsvorgang sich bei Klein-Stoßdämpfern von ACE so schnell vollzieht, dass Konstrukteure, die zum ersten Mal mit ihnen arbeiteten, schon mal an ihrer Wirksamkeit zweifeln, benötigen die Schleusendämpfer 3,5 Sekunden, um den Hub von 80 cm zurückzulegen.

Um in die Ausgangslage zurückzukommen, arbeiten die Sicherheitsdämpfer – ähnlich wie Gasfedern der Langenfelder Dämpfungsspezialisten – nämlich mit Stickstoff. In einem Gasspeicher gesammelt, kompensiert es das von der Kolbenstange verdrängte Öl und drückt die Kolbenstange beim Ausfahren in die Ausgangslage zurück.

Für die Trennung des hydraulischen Systems vom Gasspeicher sind die hier beschriebenen XXXL-Dämpfer wie die schweren Sicherheits-Stoßdämpfer der CB-Serie auch mit einem Trennkolben-Stickstoff-Rückstellsystem ausgestattet. Die hier eingesetzten und SDK 160-800-F genannten Spezialdämpfer sind für den Einsatzfall mit einer optimierten Kennlinie versehen und konnten im eingefahrenen Zustand leicht über einen Bodenflansch befestigt werden.

Im normalerweise vorgesehenen ausgefahrenen Lieferzustand wäre eine Integration hingegen in diesem Fall aus Mangel an Platz beim Einbau unmöglich gewesen. Die Dämpfer wurden vor Ort von den ACE Technikern mit dem für die Rückstellung nötigen Stickstoff befüllt. Mittlerweile sind vier Dämpfer an zwei Schleusenkammern für den Anfahrschutz im Einsatz. Zwei weitere Dämpfer werden demnächst installiert, weitere vier sind als Anfahrschutz in noch zwei Schleusenkammern vorgesehen.

siehe auch www.ace-ace.com

letzte Aktualisierung

21.04.2024